In Zeiten von wirtschaftlicher und politischer Unsicherheit, sowie hohen Abgaben und Einführung des Vermögensregisters in der EU, ziehen immer mehr Menschen aus Deutschland ins Ausland.
Manche suchen sogar Steueroasen auf, um Sicherheit, Anonymität und niedrige bis keine Steuern zu genießen.
Doch noch bevor man ins Ausland zieht sollte man sich Gedanken über die Wegzugsbesteuerung in Deutschland machen. Wie sich diese bemisst, welche Anwendungsbereiche sie umfasst und welche legalen Maßnahmen zur Vermeidung gelten wird in diesem Artikel umfassend behandelt.
Erklärung
Die Wegzugsbesteuerung ist eine spezielle steuerliche Regelung in Deutschland, die dann greift, wenn eine in Deutschland steuerlich ansässige Person ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt ins Ausland verlegt. Ziel der Wegzugsbesteuerung ist es, die Besteuerung von Wertzuwächsen auf bestimmte Vermögenswerte sicherzustellen, bevor eine Person aus dem deutschen Steuersystem herausfällt.
Höhe
Die Wegzugsbesteuerung in Deutschland ist keine spezifische Steuer mit einem festen Prozentsatz, sondern eine Regelung, die zur Einkommensteuer zählt. Die Höhe der Steuer hängt daher vom individuellen Einkommensteuersatz des Steuerpflichtigen ab.
Bestimmung der Höhe der Wegzugsbesteuerung
Ermittlung des fiktiven Veräußerungsgewinns:
- Wenn eine Person mit erheblichen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften (mindestens 1% in den letzten fünf Jahren vor dem Wegzug) ins Ausland zieht, wird so getan, als ob die Anteile am Tag des Wegzugs verkauft worden wären. Der dabei entstehende Gewinn (die Differenz zwischen dem tatsächlichen Marktwert der Anteile und deren Anschaffungskosten) wird als „fiktiver Veräußerungsgewinn“ betrachtet.
Besteuerung nach dem individuellen Einkommensteuersatz:
- Dieser fiktive Veräußerungsgewinn wird dann mit dem individuellen Einkommensteuersatz der betreffenden Person versteuert. Der Einkommensteuersatz in Deutschland reicht von 0% (bei sehr geringem Einkommen) bis zu 45% (Spitzensteuersatz bei hohem Einkommen). Dazu kommt noch der Solidaritätszuschlag (5,5% der Einkommensteuer) und gegebenenfalls die Kirchensteuer.
Beispielrechnung
Angenommen, eine Person hat Aktien mit einem ursprünglichen Kaufwert von 100.000 Euro, die jetzt 500.000 Euro wert sind. Bei einem Wegzug wird ein fiktiver Veräußerungsgewinn von 400.000 Euro (500.000 Euro minus 100.000 Euro) angesetzt. Dieser Gewinn wird dann mit dem individuellen Steuersatz der Person besteuert, sagen wir zum Beispiel mit 42%:
- Steuer auf fiktiven Gewinn: 400.000 Euro * 42% = 168.000 Euro.
- Hinzu käme noch der Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls die Kirchensteuer.
Besonderheiten
Stundungsmöglichkeit: Unter bestimmten Bedingungen, insbesondere bei einem Umzug innerhalb der EU oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), kann die Steuer gestundet werden. Das bedeutet, die Steuer wird nicht sofort fällig, sondern erst, wenn die Anteile tatsächlich verkauft werden oder bestimmte andere Bedingungen eintreten.
Rückkehrregelung: Wenn die Person innerhalb von sieben Jahren nach dem Wegzug nach Deutschland zurückkehrt, wird die Steuer erlassen.
Zusammenfassung
Die Höhe der Wegzugsbesteuerung ist nicht fix, sondern abhängig vom fiktiven Veräußerungsgewinn und dem persönlichen Steuersatz der betroffenen Person. Dieser kann bis zu 45% betragen, zuzüglich Solidaritätszuschlag und eventuell Kirchensteuer.
Anwendungsbereiche
Die Wegzugsbesteuerung in Deutschland betrifft in erster Linie Anteile an Kapitalgesellschaften. Es geht dabei insbesondere um die folgenden Vermögensbereiche:
Anteile an Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH, AG):
- Die Wegzugsbesteuerung bezieht sich hauptsächlich auf Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn der Steuerpflichtige innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Wegzug zu mindestens 1% unmittelbar oder mittelbar an einer Kapitalgesellschaft beteiligt war.
- Es werden die stillen Reserven dieser Anteile besteuert, also der Wertzuwachs, der bis zum Zeitpunkt des Wegzugs entstanden ist.
Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften:
- Auch Anteile an ausländischen Kapitalgesellschaften unterliegen der Wegzugsbesteuerung, wenn die oben genannten Beteiligungsgrenzen überschritten sind und der Steuerpflichtige in Deutschland ansässig war.
Vermögenswerte in Kapitalgesellschaften (wie Aktien):
- Dazu gehören auch Aktien und andere Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, die der Steuerpflichtige direkt oder indirekt hält.
Vermögenswerte, die durch Einbringung in eine Kapitalgesellschaft erworben wurden:
- Wenn Vermögenswerte in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wurden, und diese Anteile an der Gesellschaft durch den Steuerpflichtigen gehalten werden, sind auch diese von der Wegzugsbesteuerung betroffen.
Nicht betroffen von der Wegzugsbesteuerung sind in der Regel:
- Einzelunternehmen: Einzelunternehmen sind Personengesellschaften und unterliegen somit nicht der Wegzugsbesteuerung in Deutschland
- Immobilien: Direkt gehaltene Immobilien fallen nicht unter die Wegzugsbesteuerung.
- Andere Vermögenswerte: Beispielsweise Sparguthaben, direkte Beteiligungen an Personengesellschaften oder privates Betriebsvermögen unterliegen nicht der Wegzugsbesteuerung.
- Kryptowährungen: Kryptos unterliegen nicht der Wegzugsbesteuerung, da Kryptowährungen in Deutschland steuerlich als private Veräußerungsgeschäfte behandelt werden, nicht als Beteiligungen an Kapitalgesellschaften.
Wichtig ist auch zu betonen, dass die Wegzugsbesteuerung in erster Linie die stillen Reserven erfasst, die in den betroffenen Vermögenswerten enthalten sind, nicht jedoch das gesamte Vermögen der steuerpflichtigen Person.
Vermeiden – TOP 3 Tipps
Durch geschickte Anwendung im Rahmen der steuerlichen Gesetzgebung lässt sich aber auch die Wegzugsteuer optimieren bzw. teilweise sogar komplett vermeiden.
Variante 1 – Stiftung in Deutschland
Im Falle, dass man kein Vertrauen oder keine Zugänge für Stiftungen im Ausland hat besteht die Möglichkeit Anteile einer GmbH oder ähnliche Vermögenswerte über eine Schenkung einer deutschen Stiftung zu schenken.
Dabei könnte jedoch eine Schenkungssteuer anfallen.
Variante 2 – Stiftung in Liechtenstein
Im Ausland gibt es die Möglichkeit Vermögenswerte an eine Liechtenstein Stiftung zu verkaufen für den Preis für den man diese erworben hat, wodurch kein Gewinn entstehen und veräußert werden würde. Dafür muss aber auch einen Besserungsschein ausstellen, womit die Steuer aufgeschoben wird.
Variante 3 – KG Holding
Durch eine Übertragung der Anteile einer GmbH an eine KG Holding, kann die Wegzugsbesteuerung umgehen werden. Man ist somit indirekt über die KG Anteilshaber an der GmbH.
Funktioniert aber nur, wenn die Auswanderung in ein Land ohne Doppelbesteuerungsabkommen stattfindet. Ein praktisch sehr beliebtestes Anwendungsbeispiel sind hierfür deutsche Unternehmer die nach Dubai auswandern und über dieses Modell keine Steuern zahlen.
Zusammenfassung
Unterm Strich lässt sich sagen, dass die Wegszugsbesteuerung in wichtiges Teil der Auswanderung ist und für viele gut geplant werden sollte. Diese betrifft primär Kapitalvermögen und wird zum Zeitpunkt der Auswanderung in Form eines Verkaufes (Einkommenssteuer) fällig.
Durch geschickte Planung und Strukturierung durch Stiftungen oder ganz einfach KG Holdings lässt sich diese aber stark reduzieren, aufheben bzw.aufschieben.